Die IG Siedlung Lincoln hatte im April 2002 ihr erstes Angebot an die Annuntiata Stiftung Schwyz gerichtet und konnte nach längeren Verhandlungen im Februar 2003 einen Kaufrechtsvertrag für das Grundstück unterschreiben. Das Konzept für das Projekt wurde wie folgt zusammengefasst: „Es ist unser Ziel, ein kleines, kontaktfreundliches Wohnquartier zu realisieren, das soziale, ökologische und ökonomische Rahmenbedingungen schafft für ein angenehmes und bereicherndes Zusammenleben. Neben den allgemein geläufigen Bedürfnissen nach Individualität und Privatheit sollen auch gemeinschaftliche Qualitäten ermöglicht und gefördert werden“.
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Einfache Gesellschaft Siedlung Lincoln
Für den Kauf des Grundstückes und die Finanzierung der Vorarbeiten gründeten acht Familien resp. Paare die Einfache Gesellschaft Siedlung Lincoln. Zweck der Firma war der Bau der Siedlung zur eigenen Nutzung und zum Verkauf der zusätzlichen Einheiten. Das glückliche Gelingen des Projektes basierte wesentlich auf dem Geschick und der Gelassenheit der Geschäftsleitung und auf der engagierten und fairen Diskussionskultur innerhalb der Gesellschaft.
Konzept
Schon die ersten Skizzen liessen die optimale Eignung dieses Grundstückes für die Realisierung des formulierten Zieles erkennen. Die rund 100 Meter lange Parzelle an bester Wohnlage ermöglichte in verdichteter Bauweise die Platzierung von 10 bis 20 Wohnungen. Ein privates Bauverbot auf rund einem Fünftel der Fläche hielt die Einfamilienhaus-Pläne anderer Interessenten in Schach. Mit dem Konzept einer verdichteten Bebauung konnte die Bauverbotsfläche in den grosszügigen gemeinsamen Aussenraum integriert werden. Nachdem die Einzonung, die Erschliessung, das Gestaltungsplanverfahren und das Bauprojekt genehmigt worden waren, konnten im September 2005 die Bauarbeiten aufgenommen werden. Im Oktober 2006 wurden die sechs Reihenhäuser, im Februar 2007 die sieben Wohnungen im Mehrfamilienhaus bezogen.
Sparsamer Landverbrauch
Der sparsame Umgang mit dem Land ist ein Gebot der Stunde und wird mit der verdichteten Bauweise erreicht. Das bringt auch den Vorteil mit sich, dass die Infrastruktur zusammengefasst werden kann. Der ge-samte Autoverkehr wird an der erstmöglichen Stelle vom Lincolnweg abgenommen und auf den gemeinsamen Parkplatz respektive in die Einstellhalle geführt. Die Einstellhalle ist zur Hälfte oberirdisch und dadurch natürlich belichtet und belüftet. Sämtliche Medien werden im Untergeschoss des Mehrfamilienhauses einge-speist und über die zusammengebauten Keller auf die Reihenhäuser verteilt. Ebenso die Raumwärme und das Warmwasser werden zentral aufbereitet und verteilt.
Gemeinschaft und Individualität
Gemeinschaft und Individualität sind wichtige Lebensqualitäten, die in der Planung gleichwertig berücksichtigt werden mussten. Auch galt es, alle Gesellschafter gemäss ihren Bedürfnissen und ihrem Budget in das Projekt zu integrieren. Entstanden ist eine Überbauung mit 13 Wohnungen, die alle verschieden gross, unterschiedlich gestaltet und entsprechend unterschiedlich teuer geworden sind. Jede Wohnung ist sehr gut be-sonnt und profitiert von der schönen Aussicht. Jede Wohnung hat mindestens einen geschützten Aussenbereich und hat Anteil an den gemeinsamen Aussenräumen. Alle Reihenhäuser und die Maisonettewohnung im Mehrfamilienhaus haben sowohl einen privaten Garten auf der Südwestseite der Gebäude als auch einen kleinen Vorplatz auf der Hofseite. Die Räume zwischen den nahe stehenden Bauten werden ebenfalls als kleine private Höfe genutzt. Der gemeinschaftliche Aspekt zeigt sich zuerst im einheitlichen Erscheinungsbild der ganzen Siedlung. Die einzelne Wohnung und der einzelne Garten sind nicht auf den ersten Blick erkennbar. Zentral sind der gemeinsame Zugang und der grosse Hof. Auch zu den Gemeinschaftsbereichen zählt das grosszügige und lichtdurchflutete Treppenhaus im Mehrfamilienhaus.
Durchmischte Bewohnerstruktur
Die Siedlung ist sehr familienfreundlich angelegt. Sie bietet aber auch kleineren Haushalten und älteren Menschen angenehme Wohnbedingungen. Die Wohnungsgrössen liegen zwischen 3,5 bis 7.5 Zimmern und 90 bis 193 m2 Grösse. Das Alter der Bewohner reicht von 2 bis 70 Jahre. 18 Kinder bringen viel Leben in die Siedlung Lincoln. Im Mehrfamilienhaus sind bis auf eine Maisonette alles bequeme Geschosswohnungen. Ein Lift erschliesst alle Geschosse. Ohne Stufe erreicht man das Treppenhaus vom Haupteingang, von der Einstellgarage und vom Veloraum. Die Velos sind ein wichtiges Verkehrsmittel der Bewohner. Deshalb sind die geschützten Einstellplätze nahe am Treppenhaus respektive vor den Hauseingängen der Reihenhäuser platziert.
Bauweise
Die Gebäude sind konventionell erstellt, d.h. in Massivbauweise gemauert und betoniert. Die Decken und Dächer sind teilweise aus Holz. Die Wohnhäuser sind aussen mit einer 20cm dicken Dämmung isoliert und mit einer Holzschalung verkleidet. Sämtliche Nebenbauten sind roh betoniert. Die Flachdächer der Hauptbauten wurden begrünt.
Gestaltung
Die neue Siedlung beherbergt mehr Wohnungen als alle Nachbarbauten zusammen. Es wäre ein sinnloses Unterfangen, dieses Volumen irgendwie an die viel kleineren Nachbarbauten anpassen zu wollen. Es war jedoch möglich, die Neubauten gut ins Gelände einzupassen, grosszügige Bauabstände und geringe Gebäudehöhen einzuhalten. Mit zu diesen Überlegungen gehört auch die Wahl von Flachdächern. So beeinträchtigen die Neubauten weder die Besonnung noch die Aussicht der Nachbarn. Die Materialisierung hält sich an zwei Grundsätze, nämlich „aussen roh, innen fein“ und „aussen einheitlich, innen individuell“. Bei den Fassaden gibt es nur die Materialien Beton, rohe Holzschalung, lasierte Holzwerkstoffplatten und rohes Metall. Diese Materialien und ihre Farben haben den Vorteil, dass sie reizvoll zueinander und zur Umgebung passen und dass sie mit dem Alter eine natürliche Patina entwickeln. Die unregelmässige Platzierung der Fenster in der Fassade ist ein Hinweis auf die individuellen Grundrisslösungen dahinter. Insgesamt unterstützt dieses Gestaltungsprinzip aber die einheitliche Gesamterscheinung der Siedlung.
Umgebung
Während sich nordöstlich der Gebäude die gemeinsamen grosszügig konzipierten Aussenräume erstrecken, bilden die kleinräumigen privaten Abschnitte im Südwesten einen ‚dichten’ Garten. Die räumlich prägenden Elemente wie Mauern (Beton, Drahtschotterkörbe) und Hecken leiten sich einerseits aus der topografischen Situation ab, andererseits entfalten sie eine trennende Wirkung durch die präzise Setzung in ausgewählten Bereichen. Auf diese Weise definiert eine Mauerscheibe den Übergang vom halböffentlichen Bereich (Nebenzugang, Besucherparkplätze) zu den privaten Gärten. Die über alle Gärten in freier Anordnung gepflanzten Hoch-stammbäume (Erlen), Baumdächer (Platanen) und schirmartig wachsenden Sträucher (Felsenbirnen) lassen diesen Bereich zunächst als grossen Gartenraum erscheinen, während niedrig gehaltene Buchenhecken die privaten Räume mit der individuellen Anordnung von Sitzplätzen, Staudenrabatten, Gemüsebeete u.v.a. ermöglichen. Durch die Setzung einer weiteren Stützmauer entlang der ehemaligen Hangkante des Grundstückes und durch die Pflanzung einer geschwungenen Feldahornhecke entlang dem Böschungsfuss unterhalb dem Lincoln wirkt der gemeinsame Aussenraum im Nordosten als Hof. Er bietet mit Asphalt-, Kies-, Sand- und Ra-senflächen, mit Hecken und Bäumen, mit Stufen, Rampen, Sitzmauern und gedeckten Bereichen vielfältige Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten für Klein und Gross. Das Wachsen der Bäume, das Verdichten der Hecken und das Ausbreiten der Kletterpflanzen (Wilder Wein, Kletterhortensien, Efeu) auf den Betonstützmauern in den nächsten Jahren erhöht die atmosphärischen Qualitäten der Siedlung Lincoln und sorgt bei sommerlichem Wetter für Schatten und angenehmes (Mikro)Klima.
Ökologie
Die Berücksichtigung der Ökologie beim Bau und Betrieb der Siedlung war von Anfang an ein Programmpunkt. Die ganze Siedlung ist im Minergiestandard erstellt. Die Gebäude sind sehr gut gedämmt und werden mit einem Holzkessel (Pellets) beheizt. Das Warmwasser wird mit Sonnenkollektoren und mit der Holzheizung aufbereitet. Jede Wohnung hat ihre eigene Komfortlüftung. Raumheizung und Wasserverbrauch werden individuell abgerechnet. Die Fassadenverkleidung besteht aus unbehandeltem Holz. Die Flachdächer sind begrünt und halten einen Grossteil des Regenwassers zurück. Ein grosser Anteil der Belagsflächen ist sickerfähig.